Berge, Wasser, Moore
Berge, Wasser, Moore Buchtipps
Wenn die Gletscher schmelzen
Auf der „Pariser Klimakonferenz“ im Jahr 2015 einigte sich die Staatengemeinschaft völkerrechtlich verbindlich darauf, die Erderwärmung auf deutlich unter 2 °C im Vergleich zum vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Ferner wollten sich die Staaten bemühen, den Temperaturanstieg unter 1,5 °C zu halten, um die Folgen des Klimawandels zu verhindern. Auch die Bundesrepublik will ihren Teil beitragen. Der deutsche Klimaschutzplan 2050 fasst die klimaschutzpolitischen Grundsätze und Ziele der Bundesregierung zusammen und beschreibt den Weg zu einem weitgehend treibhausgasneutralen Deutschland bis zum Jahr 2050.
Klimawandel ist keine Erfindung von Umweltspinnern, sondern Realität: Der weltweite Rückzug der Gebirgsgletscher gehört zu den sichtbarsten Zeichen, dass sich das Klima der Erde mit Beginn der Industrialisierung rasant verändert hat. Mit schwerwiegenden Folgen: Sind die Gletscher weggeschmolzen, sind Trinkwasserversorgung und Landwirtschaft bedroht. Große Wasserstraßen wie der Rhein oder die Rhone speisen sich aus Gletschern – Auswirkungen unter anderem auf die Schifffahrt sind zu befürchten. Und der Meeresspiegel steigt durch die Schmelze momentan jedes Jahr um einen Millimeter. Wenn alle Gletscher verschwunden sind, wären es nach Studien insgesamt 32 Zentimeter. Für Küstenregionen eine Katastrophe.
Informationen
Ursache: Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur durch Treibhausgase
Folgen:
Rückgang der Gebirgsgletscher weltweit
Meeresspiegelanstieg bis zu 5 m bis 2300 prognostiziert
Gefährdung von Trinkwasserversorgung, Landwirtschaft und Schifffahrt
Instabiler Permafrost mit Erdrutschen und Bergabgängen
Betroffene Regionen:
ca. 275 000 Gletscher weltweit, davon etwa 5000 in den Alpen
Kann das Abschmelzen in Arktis und Antarktis nicht verlangsamt werden, prognostizieren Forschenden, dass der Meeresspiegel bis zum Jahr 2300 um fünf Meter steigen wird - wenn das in Paris beschlossene 1,5-Grad-Ziel nicht eingehalten wird.
Kommt es zu einer Gletscherschmelze, fließt das im Eis gebundene Wasser ins Meer und geht als Trinkwasser verloren. Die Folgen sind die Absenkung der Wasserspiegel, akuter Wassermangel, das Austrocknen von Flüssen und daraus folgende Dürrekatastrophen. Wenn Gletscher tauen, verändert sich die Landschaft. Wo einst Eis den Boden bedeckte, entstehen Gesteinswüsten, in denen sich nur wenige Lebewesen wohlfühlen. Die Artenvielfalt ist bedroht.
Die steigenden Temperaturen wirken sich aber auch negativ auf die Geologie der Alpen aus. Denn der dauerhaft gefrorene Boden (Permafrost) wird instabil. Erdrutsche und Bergabgänge sind die Folge. Solche Ereignisse verändern nicht nur das Landschaftsbild, sondern sind vor allem für die Menschen gefährlich. Berghütten und Skilifte etwa, die einst sicher auf dauerhaft vereistem Boden standen, können wegrutschen.
Die Schmelze lässt sich anhand von Beispielen belegen: Der Vernagtferner im Tiroler Ötztal in den vergangenen 150 Jahren zwei Drittel seiner Eismasse eingebüßt. Während eines heißen Sommers verliert er bis zu vier Meter.
Der Gletscher, der einst die Zugspitze, Deutschlands höchsten Berg, bedeckte, müsse laut Experten circa 300 Hektar groß gewesen sein. Heute sind von dieser Fläche nur noch der Nördliche und Südliche Schneeferner übrig. Beide zusammen bedecken eine Fläche von knapp 50 Hektar, entsprechen also nur noch einem Sechstel des einstigen Schneeferners. Das Eis zieht sich immer schneller zurück.
Weltweit sind laut Greenpeace 275 000 Gletscher in Gefahr: Nicht nur die circa 5000 Gletscher in den Alpen, auch in den Polarregionen, im Himalaya, in den Rocky Mountains, auf Island oder in Argentinien. Die Vereinten Nationen hatten darauf mit dem „Internationalen Jahr zur Erhaltung der Gletscher“ aufmerksam gemacht.
Riesiger CO₂-Speicher
Im Jahr 2021 rechneten Gletscherforscher und -forscherinnen mit einem fast vollständigen Abschmelzen der Eismassen bis zum Ende des 21. Jahrhunderts. Bleiben die Sommer so heiß wie im Jahr 2022, könnte das schneller eintreten. Der Kampf um die Gletscher scheint demnach verloren, ein anderer ist es noch nicht.
Seit Jahrtausenden speichern Moore Kohlenstoff. Sie sind von unschätzbarem Wert für den Klimaschutz. Ferner dienen sie als Rückhalt bei Hochwasser, kühlen die Luft und reinigen das Trinkwasser. Weltweit speichern sie circa 550 Milliarden Tonnen Kohlenstoff, der seit der letzten Eiszeit der Atmosphäre als CO₂ entzogen wurde. Durch Dränage und Klimawandel kann dieser Kohlenstoff allerdings wieder freigesetzt werden. Denn wird dem Moor das Wasser entzogen, wird das organische Material, also der Torf, durch den Sauerstoffkontakt abgebaut. Es werden Treibhausgase freigesetzt, vor allem Kohlendioxid und Lachgas. Letzteres ist weitaus klimaschädlicher als CO₂.
Je nach Klima, Geologie und Wasserhaushalt entstehen unterschiedliche Typen (Hoch-, Zwischen- oder Niedermoore) mit ebenso unterschiedlicher Flora und Fauna. Daher sind Moore nicht allein bedeutsam für das Klima, sie sind besonders wertvoll für den Erhalt der Biodiversität. Viele Arten, die auf der Roten Liste stehen, haben in Mooren ihren Lebensraum. Doch das Paradies ist fragil: Wird eine Moorfläche systematisch entwässert, geht der Torfboden zehn- bis fünfzehnmal so schnell verloren, wie er sich gebildet hat.
In renaturierten Mooren finden sich oft schon nach kurzer Zeit hochspezialisierte Arten wie Zwerglibelle, Krickente oder Bekassine ein. Etablieren sich zudem moortypische Pflanzenarten, setzt auch das Torfwachstum wieder ein und bindet große Mengen an Kohlenstoff. So kann erneut eine echte Moorwildnis entstehen.
Dass wiedervernässte Flächen für Landwirte eine Einnahmequelle sein können, hat sich bislang nicht durchgesetzt. Sogenannte Paludikulturen (lateinisch „palus“ = Sumpf), also der Anbau von nässeverträglichen Pflanzen wie Rohrkolben, Schilf, Seggen oder Torfmoosen, bieten Alternativen zum Anbau von Mais oder Kartoffeln. Seggen zum Beispiel können in der Papierherstellung verwendet werden. Auch die Beweidung mit geeigneten Tierarten wie dem Wasserbüffel bietet die Möglichkeit, Moorböden bei gleichzeitiger Vernässung weiterhin landwirtschaftlich zu nutzen und zugleich den Klimaschutzeffekt der Moore wiederherzustellen. Beispiele dafür gibt es unter anderem im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen.
So groß die Bemühungen auch sind, auch bei der Moorrenaturierung ist noch Luft nach oben. Von den ursprünglich circa 1,5 Millionen Hektar Moorlandschaften in Deutschland könnten heutzutage nur noch fünf Prozent als intakt oder naturnah angesprochen werden, teilt das Bundesumweltministerium mit. Viele Schritte führen zum Ziel: Mit der Tölzer Moorachse bislang auf 372 Hektar im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshauen der natürliche Moorwasserstand wieder hergestellt werden. Das entspricht einem 30-Kilometer-Korridor. Rund 6700 Tonnen Kohlendioxid werden so jährlich eingespart.
Rückblick
Tag des Berges
Der 12. TAG DES BERGES fand am Samstag, 8. November 2025, in Murnau am Staffelsee statt. Das Kultur- und Tagungszentrum, Ödön-von-Horváth-Platz 1, wurde für einen Tag zum Basislager. Unter anderem berichtete der Bergfotograf Bernd Ritschel aus Kochel am See von den Recherchen zu seinem neuen Bildband „Das Wasser der Alpen“. Zahlreiche Impressionen entführten die Teilnehmenden in die atemberaubende Welt der Berge, schmelzender Gletscher und der Gefahren für die Natur.
Text von Alexandra Vecchiato
Bilder
"Das Wasser der Alpen"
Inhalt: Die Alpen versorgen mehr als 170 Millionen Menschen mit Wasser. 40 Prozent des Süßwassers Europas stammen aus diesem Gebirge. Es ist die Quelle des Lebens – seine Schönheit lockt Millionen von Touristen an, seine Kraft treibt tausende Turbinen an. Doch die Begehrlichkeiten wachsen weiter. Nur noch wenige Alpenflüsse sind unverbaut, und der Konflikt zwischen Klima- und Naturschutz wird immer deutlicher sichtbar. Der dokumentiert die tiefgreifenden Veränderungen durch die Klimakrise kostbarsten Schatz der Berge.
Erhältlich unter www.lightwalk.de
Informationen
Bildband von Bernd Ritschel
Mit Felix und Christian Neureuther
Text: Michael Ruhland
288 Seiten
National Geographic 2025
ISBN: 978-3-9870109-9-6
Preis: 49,99 Euro
"Bayerns wilde Moore"
Inhalt: Moore zählen zu den faszinierendsten und zugleich am meisten unterschätzten Lebensräumen Europas. Wasser, Pflanzen und Torf - diese drei Komponenten des Moors ermöglichen durch ihr fein aufeinander abgestimmtes Zusammenspiel eine vielfältige Anpassung an die Umwelt. Moore speichern gewaltige Mengen Kohlenstoff, puffern Hochwasser, sichern die Wasserversorgung und bieten einer Vielzahl hochspezialisierter Tier- und Pflanzenarten ein Zuhause. Doch diese uralten Landschaften sind massiv bedroht - in Bayern sind nur noch wenige Prozent der ursprünglichen Moorflächen intakt.
Informationen
Bildband von Konrad Wothe u.a.
176 Seiten
Tecklenborg 2025
ISBN: 978-3949076350
Preis: 34,50 Euro
"Der Alpen-Apell. Warum die Berge nicht zum Funpark werden dürfen"
Inhalt: Die Alpen sind nicht nur ein riesiger Naturraum, Wasserschloss und beliebte Freizeitstätte in der Mitte Europas. Sie sind auch mehr denn je im Wandel begriffen – und so gefährdet wie nie zuvor. Grund dafür ist auch die vom Menschen initiierte und noch immer anhaltende Erschließung. Sie wird selbst in den entlegensten Regionen des Hochgebirges mit heute fragwürdigen Methoden durchgezogen.
Informationen
Kartoniertes Buch von Georg Beyerle
160 Seiten
Verlagsanstalt Tyrolia GmbH 2025
ISBN: 978-3-7022-4260-2
Preis: 20,00 Euro